Zwischen Vertrauen und Verlust: Die Stille Prüfung der Nachfolge
Eine Betriebsübergabe ist mehr als ein Wechsel im Handelsregister. Sie bedeutet, Verantwortung aus der Hand zu geben – und das fällt vielen schwerer, als sie erwartet hätten. Wer über Jahrzehnte Entscheidungen getroffen, Risiken getragen und das Unternehmen geprägt hat, muss erst lernen, dass andere diese Rolle übernehmen. Abgeben heißt, Vertrauen zu schenken.
Viele Seniorunternehmerinnen und -unternehmer bleiben nach der Übergabe aber zumindest gedanklich – manchmal auch physisch – „an Bord“. Sie mischen sich ein, geben Ratschläge, kontrollieren Abläufen. Gut gemeint – aber für die Nachfolgegeneration oft ein Hemmschuh. Wer übernehmen soll, braucht Freiraum, um eigene Wege zu gehen und eigene Fehler zu machen.
Generationenwechsel im Unternehmen gelingt dann, wenn Abgeben und Übernehmen als gemeinsamer Prozess verstanden werden. Dazu gehört, dass die ältere Generation ihren Erfahrungsschatz teilt, aber auch Grenzen akzeptiert. Und dass die jüngere Generation die Leistung der Vorgänger würdigt, bevor sie Neues gestaltet.
In Mediationen zeigt sich häufig: Der Konflikt liegt weniger in wirtschaftlichen Fragen als im Loslassen selbst.
📌 Was bleibt, wenn man nicht mehr täglich gebraucht wird?
📌 Welche Rolle kann die Seniorchefin künftig einnehmen, ohne zu stören?
📌 Wie gehen die Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Erwartungen um?
Solche Fragen offen anzusprechen, verhindert spätere Spannungen – im Unternehmen wie in der Familie.
Fazit: 💡
Eine gute Unternehmensübergabe ist kein Machtverlust, sondern ein Akt der Verantwortung. Wer rechtzeitig abgibt, sichert den Fortbestand des Unternehmens und eröffnet neue Entwicklungsmöglichkeiten – für beide Generationen. Dieser Prozess braucht Zeit, Struktur, ein Beratungsteam und die Bereitschaft, Altes los- und Neues zuzulassen. Abgeben heißt, Raum zu schaffen, damit etwas Weiterwachsen kann. Wenn beide Generationen hierzu bereit sind, sichert dies nicht nur das Unternehmens, sondern auch die Beziehungen der Menschen, die es tragen.

